Nationalparks der IUCN Kategorie II sind speziell dazu ausgewiesen, großräumige Naturprozesse (large-scale ecological processes) mit ihrer charakteristischen Dynamik und Artenausstattung langfristig zu sichern. Der Grundstein für die Inventarisierung von Naturprozessen im Nationalpark Gesäuse wurde mit der Einrichtung von Dauerbeobachtungsflächen an dynamischen Standorten im waldfreien Gebiet von KLIPP & SUEN 2011 gelegt. Es folgten weitere Erhebungen im Waldgebiet. Seitens E.C.O. wurden schließlich im Sommer 2014 in einer Pilotstudie die methodischen Grundlagen für ein nationalparkweites Naturprozess-Inventar erarbeitet.
Bedingt durch außergewöhnliche Reliefenergien sind viele Naturprozesse im Nationalpark Gesäuse durch komplexe Störungsdynamiken charakterisiert, welche Lebensformen, Wuchsformen und Artengarnituren bestimmen. Die vorliegende Studie stellt die Fortsetzung des Projekts dar, das im vorigen Jahr als Pilotprojekt Lawinarrasen begonnen wurde. Gegenstand der heurigen Untersuchungen sollte die Flussdynamik am Johnsbach, einem rechtsufrigen Enns-Zubringer im Gesäuse sein.
Aufbauend auf einem, im Pilotprojekt entwickelten, theoretischen Konzept, wurde wiederum anhand einer vegetationsökologischen Geländeerhebung in Kombination mit UAV-Luftbildern und einer umfassenden Analyse der erhobenen Daten versucht, das Flusssystem Johnsbach zu beschreiben. Dabei lassen sich die im System auftretenden Muster von Vegetationsgesellschaften in einem räumlichen und einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Störungsregime darstellen. Abstrahiert lässt sich ein Störungsregime durch die Parameter Intensität und Frequenz charakterisieren. Die Intensität bemisst sich an den Auswirkungen auf Wuchs- und Lebensformen und in weiterer Folge auf die Artengarnituren.
Die Zusammenhänge zwischen Störung und Pflanzengesellschaft lassen sich in einem räumlichen und einem zeitlichen Dynamogramm darstellen. Auch in den kommenden Jahren soll die Inventarisierung von Naturprozesse im Nationalpark Gesäuse weitergeführt und für den jeweiligen Prozesstyp optimiert werden, um eine Gesamtperspektive zu ermöglichen.
Allgemein gehaltene Textteile wurden der Vollständigkeit halber aus dem Projekt-Endbericht des Vorjahres (JUNGMEIER et al. 2014) übernommen.