Die vorliegende Studie stellt die Phase II der zweiphasigen Projektabwicklung zur Erstellung eines Limnologischen Konzeptes für den Nationalpark Gesäuse dar. Grundlage für die Erstellung des Konzeptes ist der 6(2) der Nationalparkverordnung, in dem es heißt: Die Nationalparkverwaltung hat ein limnologisches Konzept zu erstellen und im Rahmen der fischereirechtlichen Besimmungen umzusetzen. Auf der Grundlage dieses Konzeptes soll die Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt und der genetischen Variabilität sowie das Fortkommen des heimichen Tierbestandes sichergestellt und gefördert werden.
Bereits für die Bearbeitung der Phase I des Limnologischen Konzept Gesäuse war eine Teilung in zwei Untersuchungsgebiete erfolgt, in denen aufgrund der stark unterschiedlichen Naturnähe bzw. anthropogenen Vorbelastung sehr verschiedene Ist-Zustände und Maßnahmenerfordernisse bestehen. Die Gebiete lassen sich wie folgt charakterisieren:
- Untersuchungsgebiet 1 (UG 1): Enns zwischen Lauferbauern- und Gstatterbodenbrücke (ca. 6,7 km), Johnsbach vom Tunnel in Johnsbach bis zur Mündung in die Enns (ca. 4,7 km) naturnaher Gewässercharakter, vorwiegend unverbaut oder im Rahmen des EU-LIFE-Projektes in Rückbau befindlich.
Der Natürlichkeitsgrad des Gewässers ist hier vergleichsweise hoch; allerdings weist auch die zwischen dem Gesäuseeingang und dem Stauraum Gstatterboden befindliche ca. 9 km lange freie Fließstrecke eine anthropogene Beeinträchtigung infolge von Schwallwasserabgaben der Kraftwerke an den beiden Zubringern Sölkbach (seit 1978) und Salza (seit 1949) auf. Durch den Schwallbetrieb dieser Kraftwerke wurde das Abflussverhalten der Enns wesentlich verändert. Selbst im Gesäuse sind noch schwallbedingte Wasserspiegelschwankungen von täglich bis zu mehr als 20 cm (bis ca. 40 cm bei Überlagerung der beiden Schwallamplituden) zu verzeichnen (HOHENSINNER et al. 2008).
- Untersuchungsgebiet 2 (UG 2): Enns zwischen Gstatterbodenbrücke und Scheibenfischerbrücke westlich Hieflau (ca. 8,1 km) stark beeinträchtigter Flussabschnitt: Stauwurzel, Stausee mit Wehranlage und anschließende Ausleitungsstrecke (KW Hieflau)
Die starke anthropogene Beeinträchtigung dieses Abschnitts ergibt sich fast zur Gänze aus der Stauhaltung und der Wasserentnahme für das Ausleitungskraftwerk; sonstige wasserbauliche Eingriffe oder morphologische Veränderungen, wie sie etwa an Tieflandflüssen vorherrschen, spielen an der Enns im Gesäuse nur eine geringe Rolle. So befand sich die Enns im Gesäuse bis zur Errichtung des Kraftwerkes Hieflau und des Wehres bei Gstatterboden im Jahr 1953 in einem weitgehend natürlichen Zustand. Seit der Inbetriebnahme wird die Enns auf einer ca. 1,5 km langen Strecke gestaut und im Wehrbereich ausgeleitet, sodass flussab des Wehres auf der rund 7 km langen Ausleitungsstrecke zwischen Gstatterboden und Hieflau (Kummerbrückenstrecke) der Abflusses wesentlich reduziert ist. Der Stauraum weist vergleichsweise monotone Uferbereiche auf, am linken Ufer fehlt der Gehölzsaum weitgehend. Die Ausleitungsstrecke wurde bisher im Sommer (1. April 15. Okt.) dynamisch mit bis zu 7,0 m/s dotiert, wobei von einer Basisdotation von 3,5 m/s ausgegangen wurde. Im Winter erfolgte keine Dotation der Ausleitungsstrecke (HOHENSINNER et al. 2008).
Für die Phase II wurden nun im Untersuchungsgebiet 1 je eine Probe an Enns und Johnsbach, im Untersuchungsgebiet 2 eine Probe an der Enns genommen. Im Einzelnen waren folgende Arbeiten vorgesehen, deren Ergebnisse im vorliegenden Bericht dokumentiert und diskutiert werden:
- Erhebungen des Makrozoobenthos und Phytobenthos in Enns und Johnsbach,
- Bewertung des ökologischen Zustandes der beiden Gewässer nach der Wasserrahmenrichtlinie und
- Entwicklung von Maßnahmen zur Erreichung des sehr guten ökologischen Zustands.