Pseudoskorpione sind sehr kleine bis kleine Spinnentiere (1-6 mm), welche durch große, charakteris-tische Greifscheren an Skorpione erinnern. Sie besitzen jedoch keinen Giftstachel. Weltweit sind ca. 3.500 Arten bekannt, aus Österreich 71. Durch historische Aufsammlungen von Herbert Franz 1940-1950, diverse ÖKOTEAM-Projekte (2006-2016) sowie eine gezielte Kartierung im Sommer 2016 wurden im Nationalpark Gesäuse insgesamt 15 Pseudoskorpion-Arten nachgewiesen.
Einheimische Pseudoskorpione kommen vor allem in der Laubstreu und im Moos am Boden, unter Rinde und im Mulm von Altbäumen und Totholz, sowie im Bereich menschlicher Siedlungen vor; hier besiedeln sie gerne Scheunen, Ställe und Komposthaufen. Die bodenbewohnenden Pseudoskor-pione besitzen oft sehr kleine Verbreitungsgebiete sind also Endemiten. Rinden- und Siedlungsbe-wohner hingegen können sich durch Anklammerung an Fluginsekten effektiv und weiter verbreiten. Im Nationalpark Gesäuse wurde eine endemische Pseudoskorpionart nachgewiesen, deren Areal zu über 75 % in Ostösterreich liegt, Chthonius (C.) pusillus. Diese sehr kleine Art mit einer Körperlänge von 1,5 mm lebt bevorzugt in der tiefen Bodenstreu von Bergmischwäldern in 300 bis 1300 m See-höhe. Die Reduzierung der Hinteraugen und die bleiche Körperfärbung weisen auf eine teils unterir-dische Lebensweise hin.
Neuere genetische Untersuchungen verdeutlichen, dass die Artenvielfalt der Pseudoskorpione auch in Mitteleuropa wesentlich höher sein dürfte als bisher angenommen. Viele Arten sind äußerlich kaum zu unterscheiden bzw. die relevanten Merkmale wurden bisher nicht erkannt. Besonders komplex stellt sich die Situation bei den häufigen Moosskorpionen um Neobisium carcinoides dar. Erste Er-gebnisse zeigen, dass allein im NP Gesäuse bis zu sieben Arten aus diesem Konglomerat vorkommen könnten, möglicherweise auch endemische Formen.
Gefährdete Pseudoskorpione finden sich vor allem unter den Rinden- und Mulmbewohnern sowie bei den an kleinbäuerliche Strukturen angepassten Arten. Die Zulassung natürlicher Dynamik in Wald-beständen und insbesondere die Erhöhung der Anteile von Altbeständen und Totholz stellen wichtige Management-Maßnahmen dar. Im Siedlungsbereich profitieren Pseudoskorpione von kleinbäuerli-chen Wirtschaftsstrukturen und der Bewahrung von traditionellen Formen der Tierhaltung.